Mehr als nur Medizin: Sind Ärzte, Zahnärzte und Therapeuten mittlerweile Unternehmer?
Die Medizinlandschaft in Deutschland hat sich in den letzten Jahren massiv gewandelt. Ärzten und Therapeuten steht je nach Niederlassungsort und Fachbereich mittlerweile ein kompetitives Umfeld gegenüber. Um das Überleben ihrer Praxis sicherstellen zu können, müssen sich die Mediziner deshalb einer neuen Betrachtungsweise ihres Berufsstands öffnen.
Ärzte und Therapeuten müssen unternehmerisch denken
„Früher war alles besser“, gilt laut vielen Ärzten auch im Hinblick auf den Betrieb ihrer Praxis und das Praxismarketing. Während früher die medizinischen Fachkenntnisse ausreichten, um genügend Patienten zu gewinnen, müssen Ärzte, Zahnärzte und Therapeuten angesichts des Paradigmenwechsels in der Medizinlandschaft inzwischen oft auch unternehmerisch denken und handeln.
Praxismarketing gewinnt an Relevanz
Ein zentraler Faktor für den Erfolg eines Arztes oder Therapeuten ist neben der eigentlichen Behandlung und dem Umgang mit den Patienten laut Studien das Praxismarketing. Unternehmerisch denkende Mediziner können dank der neuen Marketingmöglichkeiten gezielt den Erfolg Ihrer Praxis beeinflussen. Ärzte und Therapeuten, die den Wettbewerb und das Praxismarketing ignorieren, werden mittel- und langfristig hingegen häufig mit geringeren Patientenzahlen und sinkenden Einnahmen kämpfen müssen.
Definition des Begriffs Praxismarketing
Der Überbegriff Praxismarketing umfasst alle Maßnahmen und Anstrengungen, die bei einer wirtschaftlich orientierten Praxisführung zur Befriedigung der Erwartungen und Bedürfnisse von Neu- und Stammpatienten beitragen können. Es geht beim Praxismarketing also darum, Neu- oder noch besser Wunschpatienten zu gewinnen und Bestandspatienten an die Praxis zu binden.
Reichweite und Reputation durch Onlinemarketing
Das Onlinemarketing ist beim Praxismarketing inzwischen der mit Abstand wichtigste Kanal. Wie die
Physiotherapiepraxis “Fuessiotherapie” von Alexandros Swoch in Berlin zeigt, können Therapeuten mit einer geschickten Nutzung des Internets in kurzer Zeit eine hohe Reichweite und Reputation aufbauen. Swoch konzentrierte sich dabei auf folgende Punkte:
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Suchmaschinenoptimierung (SEO) – Die Webseite fuessiotherapie.de der Privatpraxis von Alexandros Swoch hebt sich durch ihr Design und ihre Inhalte deutlich von der Konkurrenz ab. Swoch konnte dadurch mehr Besucher in Patienten umwandeln und eine gute Position in den Suchergebnisseiten von Google und Co. erreichen.
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Videomarketing – Um sich und seine Arbeit zu präsentieren und um von potenziellen Patienten als kompetenter Physiotherapeut wahrgenommen zu werden, setzt Swoch zudem auf die Möglichkeiten des Videomarketings. In kurzen Videos, die sowohl auf seiner Praxiswebseite als auch bei
YouTube zu finden sind, zeigt der erfahrene Physiotherapeut Einblicke in seine Behandlung und gibt Tipps zu Rückenschmerzen und Co.
In Kombination wird Swoch durch das Videomarketing und die Suchmaschinenoptimierung in Berlin und den angrenzenden Regionen als renommierte Physiotherapeut wahrgenommen. Der Wandel vom reinen Psychotherapeuten, der sich ausschließlich auf die medizinischen Aspekte der Praxis fokussierte, zum kleinen unabhängigen Unternehmen, sichert für Swoch und sein Team somit den Fortbestand und den finanziellen Erfolg der Praxis.
Ärzte als Personenmarken und Influencer
Ein weiteres Beispiel für einen Selbstständigen aus der Gesundheitsbranche, der sich dank seines unternehmerischen Handelns weiterentwickeln konnte, ist DocFelix. Mit inzwischen etwa 237.000 Followern bei Instagram, einem eigenen Podcast, 667.500 Followern bei TikTok und etwa 20.
000 Abonnenten bei YouTube (Stand 30.07.2022) hat sich der Arzt und Ernährungsexperte zu einer Personenmarke mit enormer Reichweite entwickelt. Erreicht hat DocFelix, der eigentlich Felix Berndt heißt, diese Reichweite laut Robert Siegers, Experte für Onlinemarketing, in nur zwei Jahren.
Grenzen der unternehmerischen Tätigkeit von Ärzten
Anlässlich des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen einem Arzt und seinen Patienten und der hohen Bedeutung seiner Empfehlungen hat die Bundesärztekammer (BÄK) in einem Papier die Grenzen der unternehmerischen Tätigkeit von Ärzten definiert. Es soll so erreicht werden, dass Patienten trotz der unternehmerischen Tätigkeit ihres Arztes weiterhin unabhängig von finanziellen Interessen sowie vertraglichen und beruflichen Beziehungen beraten und behandelt werden.
Es heißt darin: “Ärztliche Behandlungsentscheidungen müssen nach medizinischen Gesichtspunkten getroffen werden und dürfen sich nicht von berufsfremden, insbesondere nicht von merkantilen Interessen leiten lassen. Sprechen Sie Empfehlungen für einen bestimmten Leistungserbringer, unabhängig davon, ob Sie an seinem Unternehmen beteiligt sind oder nicht, nur aus, wenn Sie der Patient aus eigenem Antrieb darum bittet oder dafür ausnahmsweise ein hinreichender Grund besteht”
Zudem sollen Ärzte Pläne für eine unternehmerische Betätigung oder eine finanzielle Beteiligung an Unternehmen stets vorher mit der zuständigen (Landes-)Ärztekammer besprechen und mögliche berufsrechtlichen Implikationen prüfen lassen.
Fazit
Besonders in Großstädten und beim „Kampf“ um die finanziell für viele Praxen besonders wichtigen Privatpatienten hat die Konkurrenz unter Ärzten und Therapeuten in den letzten Jahren signifikant zugenommen. Mediziner, die unternehmerisch handeln und denken und die neuen Möglichkeiten beim Praxismarketing für sich nutzen, können aber noch immer neue Wunschpatienten gewinnen und ihre Praxis in ein kleines unabhängiges Unternehmen umwandeln.